Predigt


Die Predigt zum Nachlesen

Liebe Schwestern und Brüder in Christus,

der Zweite Ostersonntag, das ist der Oktavtag von Ostern: Die beiden großen Feste, Weihnachten und Ostern werden immer gleich eine Woche gefeiert, acht Tage lang. Ostern sogar noch länger: acht Sonntage lang.

Der Zweite Ostersonntag wird auch von alters her als der „Weiße Sonntag“ bezeichnet: Die ganze Woche über kamen die Neugetauften in ihren weißen Gewändern zum Gottesdienst – eben bis zum Weißen Sonntag. Später war es dann das weiße Kleid der Kommunionkinder, das aber auch nichts anderes ist als jenes weiße Taufgewand. Der Name ist geblieben, auch wenn die Erstkommunionfeiern inzwischen ein paar Sonntage nach hinten gerutscht sind und die ganze Osterzeit dafür ausgenutzt wird. Nur heuer, so scheint es im Moment, dauert es länger, bis wir einen solch großen gestalteten Gottesdienst feiern können. Ich hoffe allerdings, dass ich bald wieder mehr Menschen im Gottesdienst die Kommunion reichen darf – und es spricht nichts dagegen, dass da auch all die Kinder dabei sind, die sich schon so sehr darauf gefreut haben, in der Kommunion Jesus zu begegnen.

Dieser zweite Ostersonntag ist auch der „Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit“. Das Heil haben nicht wir uns verdient: sondern weil Gott barmherzig ist, hat er es uns geschenkt; weil Gott barmherzig ist, hat er uns durch Tod und Auferstehung seines Sohnes erlöst. Weil Gott barmherzig ist, dürfen wir seine Kinder sein. Weil Gott barmherzig ist, schenkt er sich uns immer wieder: Gerade in der Kommunion dürfen wir genau das erfahren.

Der zweite Ostersonntag: Das ist auch der Sonntag vom „ungläubigen Thomas“, wie er gerne bezeichnet wird. Wobei da immer wieder betont werden sollte, dass Thomas ja gar nicht ungläubig ist, sondern im Gegenteil: Er bekennt ganz klar seinen Glauben: „Mein Herr und mein Gott!“

Ich muss sagen, ich mag den heiligen Thomas – und danke ihm ganz herzlich dafür: Denn er ist nicht nur schweigend dabei, wenn Jesus erscheint, sondern er schafft es, das, was ihn beschäftigt, auch ganz konkret in Worte zu fassen. Und es ist oft genau das, was wir auch wissen möchten. Oder tun möchten: „Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“ Er möchte sehen, er möchte Jesus ihm wahrsten Sinn des Wortes begreifen. – Würden wir das nicht auch gerne? Wie viele Skeptiker gegenüber dem Glauben gibt es, die das genau so äußern?

Liebe Schwestern und Brüder,

Thomas darf Jesus leibhaftig begegnen, er darf ihn sehen. Und er darf dabei seinen Glauben bekennen: All das tut er für uns, die wir Jesus jetzt nicht mehr sehen können.

Thomas bekennt seinen Glauben – und wir können und dürfen es ihm gleich tun: „Mein Herr und mein Gott“. Das ist auch unser Glaube.

Nur: Wodurch kommen dann wir zum Glauben, wenn wir Jesus eben nicht mehr sehen oder berühren können? — Glaube kommt vom Hören, so sagen wir gerne. Wir erzählen unseren Glauben weiter, die Frohe Botschaft, die Erfahrungen, die die Menschen vor uns mit Gott gemacht haben. Auch die Erfahrung des Thomas geben wir von Generation zu Generation weiter – und sie darf damit auch zu unserer eigenen Glaubens-Erfahrung werden. Doch allein Erzählen und Hören reicht noch nicht. Die Stelle aus der Apostelgeschichte, die heute auch vorgetragen wird, erweitert die Liste dessen, was wir zum Glauben brauchen:

„Die Gläubigen hielten an der Lehre der Apostel fest“, so beginnt der Abschnitt. Das erzählen wir, das hören wir: das ist das Evangelium. Aber dazu kommt: „und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.“ Und ich meine, das ist etwas, das auch ganz wesentlich hinzukommen muss: Die Botschaft kann ich – zur Not – noch alleine in der Bibel nachlesen. Auch Beten kann ich alleine ganz gut, ja muss ich sogar oft für mich tun. Doch die Gemeinschaft, in der wir den Glauben feiern, die Gemeinschaft, die zusammenkommt um das Brot zu brechen und zu teilen: Die darf uns auch nicht fehlen. Sie fehlt im Moment – und manchem fehlt sie auch ganz schmerzhaft.

Liebe Schwestern und Brüder,

ich hoffe sehr, dass wir diese gemeinsame Feiern unseres Gottes, der uns in seiner großen Barmherzigkeit erlöst hat, und der uns durch die Taufe als seine Kinder angenommen hat, dass wir das Feiern unseres Gottes bald wieder aufnehmen können. Gott möchte uns stärken, er möchte, dass wir einen festen Glauben bewahren können. Und dazu gehört die Mahlgemeinschaft mit Jesus: seinen Leib zu empfangen, von seinem Blut zu trinken. „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“, so fordert Jesus seine Apostel beim Letzten Abendmahl auf. Und dazu sind auch wir eingeladen!

Hoffentlich bald wieder.